In Reykjavik angekommen decke ich mich erstmal im Duty Free
ein. Elduris und Brennivin und irgendein billiger blended Scotch. Danach trampe
ich gleich mal in die Stadt, um ein bisschen warm zu werden für die nächsten
Tage. Ich rufe Ari, meinen zukünftiger Mitbewohner, an, ohne an den Jetlag zu
denken, hier ist es erst 9 Uhr und ich wecke ihn aus seinem Katerschlaf… Es ist
aber kein Problem, ich kann vorbeikommen und einen Teil meines Zeugs abstellen,
für die Westfjorde einkaufen und auch die Nacht bleiben, um am nächsten morgen
loszutrampen. Es ist nämlich so, dass ich erst ab 24.8. in die Bude ziehen
kann.
Mein Plan also: sofort in den Norden in die Westfjorde
trampen von wo aus ich ein Boot nach Hornstrandir – ein National Reserve Park –
nehme, um dort bis zu 10 Tage zu wandern. Diesen Goldtipp No.1 bekam ich von
Jens (Ex-Island Erasmus, Mitbewohner, Freund und 44-Uhr-Veteran). BOMBE!
Ich bin dann idealerweise am 24.08. wieder in Reykjavik, um zum Beginn der
Orientierungsveranstaltungen an der Uni sein zu können.
Mein erster Einkauf in Bonus dauert mal wieder typisch
lange, aber hey das ist alles auf isländisch und ich muss erstmal herausfinden,
welches Preisschild zu welchem Produkt gehört. ;-) Ich besorge noch Gas für den
Kocher, eine Karte von Hornstrandir, Infos über den Bootsfahrplan (nicht die
Preise oops) und schon am nächsten Tag mache ich mich auf den Weg in die
Westfjorde und schon am Tag danach hüpfe ich auf das Boot, das mich an die
abgelegenste Stelle Islands bringt: ins hinterste Eck des Hrafnfjörður auf Hornstrandir!
Hier starte ich mit Lola und Lucia – zwei Mädels aus Bayern
– und Oliver und Sabine – ein deutsches Paar Anfang 40. Wir alle haben den
gleichen Zeitraum (Samstag bis Sonntag
in 8 Tagen) und mehr oder weniger die gleiche Route (Hrafnfjörður nach Hesteyri
im Hesteyrarfjörður).
1. Etappe:
Gleich zu Beginn sehen wir einen Nerz herumspringen, ein seltenes Glück
wie ich mir später habe sagen lassen… Wir dackeln also alle zusammen um 11 Uhr
los und gehen gleich die 300hm des Tages an, nichts Wildes, aber es reicht zum
Schwitzen. Oben angelangt öffnet sich eine Ebene mit einem See, wonach es wieder
runter auf die Nordostseite Hornstrandirs geht. Auf dieser Seite eröffnen sich
uns wunderbare schöne Blumenwiesen, schmale Bächlein und Wasserrinnen mit
unerwarteten Tiefen, die ihre Breite zweifach übertrumpfen können. Das alles
auf einer großen, flach zum Meer auslaufenden Ebene, deren
Feuchtigkeitsverhältnisse ich als „duskyesk“ oder schlicht: „schottisch“
bezeichnen würde. Es muss nicht mal so schlammig sein, aber bei jedem Tritt
schießt das Wasser seitlich unter der Schuhsohle heraus, was Gamaschen durchaus
zu einem nützlichen Gadget macht. Die anderen ziehen zum ersten Mal ihre Schuhe
aus und ihre Watschuhe an(^^ ach das wär
ne Idee gewesen), wobei ich das noch mit ein paar wackeligen Tritten und
gewagten Sprüngen hinbekomme kein Probleeem!
Wir kommen wahnsinnig langsam voran, weil wir ständig anhalten um Fotos zu
schießen oder auf irgendjemand warten. Noch dazu kommt, dass Sabine scheinbar
nicht ganz so fit ist und trotz Stöcken relativ wenig trittsicher. Da das
letzte Stück nur bei Ebbe begehbar ist, haben wir auch einigermaßen Zeitdruck.
Trotzdem kommen wir abends um 8 Uhr nach 15km am Campingplatz an. Da es leicht
regnet, baue ich mein neu erstandenes Zelt in einer Rekordzeit von 4 Minuten
auf und habe mein Zeug schon im Zelt, bevor die anderen ankommen. Da es regnet
gehe ich ins Zelt und da es kalt ist liege ich schon mal in den Schlafsack.
Nachdem ich so liegend die Suppe gekocht und verspeist habe, mache ich noch
einen Tee und schlafe eher unbeabsichtigt quasi beim Tee trinken ein.
2. Etappe:
Zum Frühstück: Müsli mit Apfel (frisch) und Naturjoghurt^^… Luxus muss
sein! Dazu Kaffee. Das ganze möchte ich am Strand zu mir nehmen. Diese Freude
bleibt mir jedoch erspart, weil ich einfach keinen Zugang finde.
Ich beschließe, mich heute von der Gruppe zu lösen, es ist
zwar immer schön Begleitung zu haben, aber mein Tagesziel ist echt weit
(Latravik, 19km) und das würde ich mit
den anderen keinesfalls erreichen, selbst wenn sie mit mir um 11.30 Uhr
gestartet wären…
Außerdem möchte ich mal mein Tempo gehen, mich auspowern, Pause machen oder
auch nicht, an mein Limit gehen. Wenn ein Platz schön ist und in meinen Plan
passt, schlage ich das Zelt auf; wenn nicht, dann nicht, auch wenn es schon 9
Uhr abends ist!
Die erste Furt für mich kommt auch schon in der ersten
Stunde, nicht tief, aber gerade zu tief, um die Schuhe anzulassen. Mit
stiefelarten Schuhen bis zur Wade hoch könnte man sich einige Furten sparen!
Das Wasser ist so schweinisch kalt, nach schlappen 5m sind meine Füße halb
dead.
Nun geht es den Berg hoch und hier fühle ich mich richtig
frei, alleine unterwegs zu sein, andernfalls könnte ich mich nicht so
verausgaben – ich renne mit meinen Stöcken regelrecht den Berg hoch, schwer
schnaubend und schwitzend versteht sich… gelegentlich ein Blick ins Tal, zurück
auf die kleiner werdenden Zelte am anderen Ende der Bucht, ein Blick auf den
mit Treibholz übersäten Strand und das Meer, dessen Rauschen immer so abrupt
verschwindet, wenn einem mit der nächsten Bergkuppe die Sicht auf dasselbe
genommen wird. Auf diese Weise wird ein kleiner Schallraum ohne Störgeräusche
geschaffen, einzig und allein für das zarte Gluckern eines kleinen Rinnsals…
Ist man oben angelangt, öffnet sich der Blick auf den nächsten Fjord und den
nächsten Berg, den man bald besteigen wird und hinter dem sich ein weiterer
Fjord versteckt.
Kurz darauf sehe ich meine ersten zwei Polarfüchse. Ich
raste aus und kille dabei meinen ersten Kamera-Akku. Schon nach einer kurzen
Weile wird mir klar, wie unbeeindruckt diese Tiere von Menschen sind, sie
lassen sich durch nichts stören und schlafen oder putzen sich in aller Ruhe
direkt vor einem…
Um 11 Uhr nachts, gerade der Zeitpunkt zudem es aktuell
wirklich dunkel wird, erreiche ich das heutige Tagesziel Latravik.
Chamäleon-Move des
Tages: Heute trage ich lediglich einen halben Liter Wasser mit mir herum.
Bei dieser Masse an frischen Flüssen, Bächen und Rinnsalen braucht man wirklich
keine größere Flasche, um durchgehend versorgt zu sein.
Improvisations-Move
des Tages: Da ich keine Watschuhe habe, führe ich ein neues Gadget zu
meinem Equipment hinzu: Watsocken!!!
3. Etappe:
Heute ist ein guter Tag, heute geht’s raus aufs Horn zu den
Vogelfelsen, das wohl markanteste Merkmal Hornstrandirs. Bam hoch und hoch und
dann neben dir 45° Wiesen, dann laufst du weiter und auch immer höher und
plötzlich stehest du an der steilsten Klippe, die du je von oben gesehen hast.
Du schaust um dich und überall fliegen Möwen rum – kreuz und quer. Du
beobachtest eine, sie fliegt eine Schleife und genau auf dich zu, du kannst
sogar schon sehen, dass sie dir direkt in die Augen sieht.
Kurz vor dir nimmt sie die Kehre und dreht
ihren scharfen Schnabel weg.
Das also ist das Horn! Wunderschöne Blicke lassen mich schon
einen Vorgeschmack auf die heutige Nächtigungsbucht aufschnappen. Ein
glitzerndes Flussdelta! Den Weg nach unten säumt noch ein polares Füchslein
bevor ich auf das Lager meiner Wahl stoße.
An einem zierlichen Wasserfall, der von einem 9m höheren Level fällt soll ich
heute meine Stärke auffrischen? Mit höchster Freudigkeit angenommen!
Ich plane schon das Lagerfeuer, wärme mich strandsteinhievend für die Dusche
vor! Das Zelt steht schon!
Das Gute an einer solchen Wunderdusche: Sie zwingt dich pre-irrigating sanft
brutal in die kalten Fallwasser. Dagegen kann in stehenden Gewässern nur die
Oma-Taktik mithalten und das soll was heißen… Warm anziehen. Strand. Feuer
machen. Essen. Schlafen gehen.
.
.
.
.
Feueeeer machen! Wie konnte sowas einfaches jemals so schwer
werden?!
Man stelle sich vor:
Es zieht eine dunkle Wolke heran, ich sehe sie kommen und erinnere mich an das
vorbereitete Holz. Mann mann mann das wird mir da rein regnen, besser schnell
Feuer machen!
Kleines Holz, mittleres Holz, großes Holz. Untermittleres
Holz. Zunder.
Der Zunder will nicht. Erneutes Beschaffen von Zunder macht den Job auch nicht,
da hilft nur noch Späne schnitzen… Besser noch: den Kocher zu Hilfe nehmen. Das
alles bringt nichts, ich raste innerlich aus, damit kann ich mich doch nicht
etwa zufrieden geben?!
Feinere feine Späne werden produziert…
Ich gebe mich offiziell geschlagen, ich gebe auf, dieses
vollgesaugte Kackholz scheiße!!! ;-)
4. Etappe:
Als ich mich aus dem Zelt schaffe, kommt ein Guide mit seinen zwei
Asiaten vorbei. Er warnt mich vor den Rangers (die geben mir einen hübschen
Strafzettel, wenn die mich wild campend erwischen) und vor dem Wetter ab
Donnerstag… „ist gonna turn PRETTY SHITTY“ so seine Worte, wohl über Freitag
bis Samstag und vielleicht noch Sonntag. Nun ja damit muss ich leben,
vielleicht früher Richtung Ziel gehen, wenn es wirklich so übel wird. Nun ja als
erstes muss ich mal diesen Fluss hier überqueren. Ich bin direkt am Strand, wo
er sich auf Sand ins Meer einfügt. Wo ist er am besten überquerbar? Flach muss
es auf jeden Fall sein, gut wäre zusätzlich eine adäquat ruhige Strömung.
Ich habe die Wahl zwischen ruhig fließend, schmal und eher über-Knie-tief; und
direkt am Stand rasch fließend, breit und eher flach?
Nach einigem Angeteste am Strand probiere ich die erste Stelle. 1,50m vor Ende
ist noch so eine tiefe Stelle, an der ich nicht vorbeikomme.
Zwischen den beiden Stellen finde ich nun eine noch vernünftigere. Hier geht
alles gut, bis kurz vor Ende plötzlich der Sand unter meinen Füßen keinen Halt
mehr bietet! Ich steige schnelle Treppen im Wasser und kann mich schließlich mit
nassem Pöter an Land bringen, der Rucksack ist auch ein bisschen eingetaucht.
Huiuiui, geschafft. Ein anerkennendes Lächeln an den Fluss: diesen tückischen
Sand-Trick werd ich mir merken!
Mittags nehme ich eine weniger begangene Route weiter an der
Küstenlinie entlang, die in einen wahren Bergkessel führt und am Ende auf
dessen Rand führen sollte. Leider ist dort kein Weg zu sehen und es wird
unglaublich steil! Dazu der bewegliche Untergrund: längst mit Moos
überwachsenes grobes Geröll auf dem keinem Tritt vertraut werden kann. Wenn das
Moos nicht komplett nachgibt und man in einen Zwischenraum tritt, bewegen sich
die Steine zumindest in irgendeine unerwartete Richtung. Das macht das Vorankommen
wirklich schwierig und erfordert höchste Vorsicht.
„Zum Glück habe ich
Wille, sonst wäre hier nämlich kein Weg.“
Ich kraxel den Hang hoch, bevor es oben weiter ohne Pfad
geht. Das Anstrengende dabei ist auch, dass jede Trittfläche schräg ist. Der
Fuß steht nie gerade wie auf den meisten Pfaden, was eine beachtliche Erhöhung
der Fußsohlenbelastung bringt. Gegen Abend komme ich endlich wieder auf Pfade
und genieße den einzigen Sonnenuntergang, den ich hier oben erlebe, ausgiebig!
Für circa eine Stunde geht die Sonne unter, um 10 verschwindet sie dann, um es
für eine weitere Stunde dämmern zu lassen.
Vorm Camping-Platz gibt noch eine letzte Furt, dann Zelt aufbauen, Süppchen mit
Meerblick, danach geht es die Augen erfrischen.
5. Etappe:
Ich starte spät. Erst nach einer längeren Suchaktion nach meinem
Kugelschreiber, die erst erfolgreich wird, nachdem ich in meinem Schlafsack
nachsehe, breche ich um 12 Uhr auf.
Während ich mich aus dem Tal erhebe, füllt es sich immer weiter mit Wolken. Das
ist total abgefahren, denn um sowas bei uns zu sehen, muss man schon mal hoch auf
1000m gehen, doch hier ist alles unter 250m Wolke! Als hätte sich das Meer mit
einer Decke aus Zuckerwatte zugedeckt, um sich keinen Sonnenbrand zu holen.
Ein wunderschöner Tag, kein einziger Tropfen Regen, aber
schon wesentlich windiger. Das letzte Nachtlager vor Hesteyri befindet sich am
Fljótsvatn (dem Fluss-See, direkt übersetzt). Am späten Nachmittag komme ich
dort an. Noch eine Weile sind die Berge komplett frei von Wolken, doch schon
kurz darauf fangen sie an, sich zu mir rüber zu schieben. Für ca. 2h schiebt
sich ein konstanter Wolkenstrom rasch über den Kamm, kommt aber nicht weiter,
ohne sich aufzulösen. Erst als es dunkel wird kommen sie langsam den Berg
herunter gekrochen, doch da liege ich auch schon im Bett, morgen muss ich früh
raus, um das Zelt möglichst noch ohne Regen einzupacken…
6. Etappe – Finale:
Immer wieder wache ich auf, höre immer noch Regen auf dem Zelt, checke
die Uhrzeit, ein Blick nach draußen: Wolken, aber einigermaßen gute Sicht hier
unten. Um halb 9 beschließe ich wach zu bleiben, ordentlich Müsli zu essen,
Kaffee dazu… das alles im Zelt. Die ganze Zeit überlege ich, wie ich bei Regen
am besten packe. Stark regnet es nicht, aber ich muss los, denn wie auch schon
Bear Grylls die Isländer zitiert hat:
„If you don’t like the weather just wait five
minutes and it will get a lot, lot worse!“
Ich fange drinnen an, alles zu packen. Als alles im Rucksack
ist, kommt er mit Regenschutz raus. Heringe raus, Außenzelt runter und beiseite
gelegt (ist eh nass). Jetzt eher zügig Stangen zur Seite, Innenzelt schnell
zusammen gefaltet, Footprint auch. Dann Stangen zusammen und alles verstaut.
Natürlich ist das Innenzelt nicht 100% trocken geblieben, aber das Ergebnis ist
ok!
Schon nach kurzem Laufen, als ich über die erste Kuppe
komme, kommt mein erster Fehler voll zum tragen. „Es regnet ja grade nur ein
bisschen und die Beine sollen schließlich atmen können“ dachte ich mir, als ich
die Regenhose NICHT angezogen habe… Meine geniale Jacke lässt all den Regen
direkt auf meine Hose niederrollen, zusätzlich zum horizontalen Regen, der mir
plötzlich auf der Kuppe entgegen peitscht. Bis ich die Regenhose drüber gezogen
habe, ist meine Wanderhose schon halb nass.
Der zweite Fehler lässt sich leichter beheben: ich habe die
Karte nicht gleich so gefaltet, dass ich sie nicht mehr aus der Hülle nehmen
muss. Das habe ich jedoch schnell gerichtet.
Während beim Aufstieg die Sicht immer reudiger wird und ich
rechts und links den Blick auf die Bergwände verliere, macht sich der dritte
Fehler bemerkbar: weder GPS noch Kompass dabei! Sau scheiße, aber das wusste
ich ja und habe die Karte entsprechend gut studiert.
Die Gefahr: ich darf nicht zu weit nach Westen gelangen und
ins falsche Tal absteigen, sonst bin ich entweder den ganzen Tag unterwegs oder
muss eine weitere Nacht irgendwo verbringen.
Beim Aufstieg wird die Sicht immer schlechter, ich sehe immer hin noch ca. 20m
weit, was aber nicht reicht, um irgendwelche Steintürmchen auszumachen, denen
ich sowieso nicht folgen konnte, weil weiter unten noch keine waren.
Der Wind peitscht, meine Hände werden eisig kalt, wie sie meine improvisierten
Stöcke umklammern. So hilfreich Stöcke auch sind, schon bald lasse ich den
ersten zurück. Es ist das Metallrohr, welches ich unter all dem Treibholz fand
und dem ich einen Griff aus Tape verpasst habe… er zieht mir regelrecht die
Wärme aus der Hand. Auch den Hölzernen lasse ich bald liegen, um wärmere Hände
zu bekommen. So steige ich also immer weiter auf, mich links haltend, in der
Hoffnung ich würde es mitbekommen, wenn sich der Berg zurückzieht und ich auf
die Hochebene auf 500m komme. Anhand der Windrichtung versuche ich einigermaßen
Kurs zu halten, dann Schneefelder, riesige Schneefelder, und es geht immer
weiter hoch. Mit der Höhe peitscht der Wind immer heftiger und schon bald kann
man sich nicht mehr in den Wind drehen, der Regen knallt sonst senkrecht aufs
Gesicht auf. Ich laufe in einer Steinwüste. Grobe Steine ohne Pflanzen, jeder
Schritt muss gut platziert sein, dazu der große Rucksack, der noch mehr
Angriffsfläche für den Wind bietet. Zur Sicherheit halte ich mich noch weiter
links, als ich eigentlich für nötig halte, aber mein Gefühl für Zeit und
Entfernungen ist hier oben wirklich armselig. Endlich sehe ich den Eingang ins
Tal noch weiter links neben einer schwer zu erkennenden weiter vorstehenden
Bergnase. Ich steige ab und treffe weiter unten auch wieder auf Steinmännchen,
die mich im Pfad bestätigen.
Während der ganzen Zeit habe ich mir keine Pause gegönnt, weil es einfach zu
eklig war, um überhaupt nur anzuhalten. Dazu die kalten, steifen Finger, großen Durst verspürt man bei diesem
Wetter auch nicht. Hier unten halte ich nun endlich einmal an, um zumindest ein
Foto von diesem Dreckswetter zu schießen… Mühsam fummel ich die Kamera heraus,
um festzustellen, dass der Akku dieses kalte Wetter nicht mehr mitmacht! Alter…
dann halt zumindest ein Mars auf die Hand und weiter nach Hesteyri.
Das einzige Häuschen auf Hornstrandir wo noch Menschen sind
und das bewirtet ist, befindet sich hier in Hesteyri: „The Doctor’s House“.
Hier wärme ich mich auf und schaue das erste Mal auf die Uhr. Es ist 14 Uhr,
das heißt ich bin 4 Stunden durchgelaufen.
Später baue ich mein Zelt für die letzte Nacht auf
Hornstrandir auf. Da das Wetter das ganze Wochenende nicht mehr besser werden soll,
beschließe ich schon morgen – Freitag – das Boot zurück nach Isafjörður zu
nehmen anstatt wie geplant am Sonntag.
In einem kleinen Resumée würde ich schreiben, dass
Hornstrandir einfach nur ein wunderschöner Ort ist und bestens geeignet für
genau das, was ich dort eine Woche getan habe: Laufen, Genießen, Essen,
Schlafen und zwar jedes für sich ungewöhnlich extrem und genussvoll!
Die Abgelegenheit dieser Halbinsel macht den Zugang zwar schwer und teuer, aber
stellt auch sicher, dass sich hier nicht zu viele Leute herumtreiben und
trotzdem müssen hier regelmäßig Leute gerettet werden, die die Hauptregel
missachtet haben: „Don’t mess with the weather, or you’ll find yourself either
with a broken tent or flushed down the river… maybe even both!“